Grundsatz-Entscheidungen sind gefragt
Den Übergang zu nachhaltigem Wirtschaften beschreibt Gerard Keijzers, Professor an der Universität Nyenrode: “Die Phase, in der wir wussten, was konkret zu tun ist, ist vorbei. Jetzt kommt der schwierige Teil: die nachhaltige Nutzung von Energiequellen, Raum und Ressourcen sowie der Erhalt der Biodiversität. Diese Phase verlangt grundsätzliche strategische Entscheidungen zwischen verschiedenen Richtungen sauberer Technologien.-
Ein Beispiel: Man ist sich über die Notwendigkeit nachhaltiger Energieproduktion einig, doch ist Wind-, Sonnen- oder Biomasse-Energie die beste? Wann und wie stark muss man umstellen? Wie ändern sich gesetzliche und steuerliche Rahmenbedingungen? Solche Unklarheiten bürgen große Risiken sowie die Unsicherheit, ob der Konkurrent nicht die bessere Wahl treffe, sagt Keijzers.
Weil es bei Nachhaltigkeit um den gesamten Produktlebenszyklus geht, ist die Kooperation mit Zulieferern, Wissenschaft, Interessengruppen, Handel und Staaten unerlässlich. Wie, zeigt Unilever: Der größte Weißfischverarbeiter der Welt drängt mit dem World Wide Fund for Nature die Zulieferer, Fisch nachhaltig zu fangen, und den Handel, nachhaltig hergestellte Produkte anzubieten. Nur so können sich stark gefährdete Meerestier-Populationen erholen. “Nachhaltiges Wirtschaften sichert die Lebensgrundlage des Menschen und garantiert die Lebensfähigkeit unseres Konzerns-, erklärt Unilever-Chef Antony Burgmans. Rating-Agenturen und Anleger honorieren das, auch wenn es keine exakte Kosten-Nutzen-Analyse gibt.
“Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Gebot wirtschaftlicher Klugheit-, urteilt Paschen von Flotow, Leiter des Instituts für Ökologie und Unternehmensführung an der European Business School. Ganz einfach, weil nachhaltiges Denken Potenziale zur Kostensenkung und Differenzierung eröffnet und dadurch die Rendite steigert.
Beispiel Megapearls: Sie sparen nicht nur Ressourcen, sondern helfen, sich von der Konkurrenz abzuheben. Das gilt auch für den Klebestift Pritt. “Wäre der nicht lösemittelfrei, hätten wir nicht diese starke Marktstellung-, sagt Henkel-Chef Ulrich Lehner. Dem Konzern hat die Nachhaltigkeit genutzt: Der Umsatz ist seit 1992 um 80 Prozent und der Gewinn um mehr als das Zweieinhalbfache gestiegen.
Firmen zum Umdenken zwingen
Andere Großkonzerne wie BASF, BMW, DuPont, Ford, Philips oder Siemens nennen neben der ökologischen und sozialethischen Notwendigkeit als ökonomische Vorteile der Nachhaltigkeit: Kostensenkung, Effizienzsteigerung, raschere Produkt-Innovationen, Risikominderung, Imageverbesserung, Wertsteigerung für Marken sowie mehr Attraktivität auf Personalmärkten. Hinzu kommen ein besserer Zugang zum Kapitalmarkt.
Institutionelle Anleger und Kreditgeber berücksichtigen immer öfter Nachhaltigkeitskriterien. Sie werden die Firmen zum Umdenken zwingen, meinen Analysten und Unternehmensberater. “Mittelfristig sind nur die erfolgreich, die eine nachhaltige Wertsteigerung verfolgen, denn kurzfristige Wertzuwächse belohnen Finanzmärkte auch nur kurzfristig-, betont Clemens Börsig, Deutsche Bank-Vorstand und Präsident der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft.
Bei Banken wie ABN Amro, Deutsche Bank, ING und Rabobank spielt Nachhaltigkeit auch bei der Kreditvergabe eine Rolle. Denn zunehmend werden die Banken von Privatkunden und Öffentlichkeit für das Handeln ihrer Geschäftskunden zur Rechenschaft gezogen. ABN Amro geriet mehrfach ins Kreuzfeuer der Kritik, weil sie umweltbelastende Industrien finanziert hatte, und führte daher Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe ein.
Und bei nachhaltigen Anlagen ist ein Boom zu beobachten. “Deren Performance übertrifft die gewöhnlicher Investments deutlich-, betont Andreas Knörzer, Direktor der Schweizer Bank Sarasin. Sie verwaltet 1,7 Milliarden Euro nach nachhaltigen Kriterien. “Die Aufnahme von Unternehmen in Nachhaltigkeitsfonds und -Indices wird immer wichtiger, ergänzt Analyst Smith.